Mývatn

von mrandmrssippy

Tag 8, Samstag, 12. August 2017 – Reise an den Mückensee

Um 09.30 Uhr – und damit viel später als geplant – fuhren wir in unserem Ferienhäuschen los. Irgendwie wollten wir hier noch gar nicht weg. Alles war so liebevoll eingerichtet und wir fühlten uns richtig wohl. Unsere Vermieterin verabschiedete sich herzlich von uns. Als kleiner Geheimtipp sollten wir unbedingt noch das Städtchen Seyðisfjörður ganz in der Nähe besuchen.

Seyðisfjörður hatten wir jedoch schon seit längerem auf dem Radar – besser gesagt die Passstrasse 93, welche zum Hafenstädtchen führt. Die meisten kennen diese Strasse. Es handelt sich dabei um die Serpentine die Walter Mitty, in einer epischen Szene im gleichnamigen Film, mit dem Longboard hinunter brettert.

Ein paar Fotos und ein kurzer Besuch am Hafen später, verliessen wir das Gebiet um die rund zweistündige Fahrt Richtung Mývatn anzutreten. Bei prächtigem Wetter und unzähligen «Oh’s» und «Ah’s» aufgrund der beeindruckenden Landschaft verging die Zeit wie im Fluge.

Nach einem kurzem aber leckerem Mittagessen auf einer Farm erkundeten wir die Umgebung um den See Mývatn. Dieser liegt im Bereich des Vulkansystems Krafla. Dies ist unschwer zu erkennen – die gesamte Gegend ist geprägt von Kratern, Vulkanen, Tafelbergen, Geothermalkraftwerken, bizarren Lavafeldern und dampfenden Tümpeln.

Zuerst besuchten wir das bekannte Lavafeld Dimmuborgir. Viele schwärmen von den unzähligen Steinformationen. Wir konnten dem Ganzen irgendwie nicht soviel abgewinnen und sassen schon bald wieder im Auto Richtung Námafjall. Dabei handelt es sich um einen aktiven Vulkan des Krafla-Vulkansystems mit einem dampfenden Hochtemperaturgebiet. Selbstverständlich wurde der Vulkan sofort erklommen, was mit einem Aufstieg von ca. 30 Minuten relativ leicht bewältigt war. Oben erwartete uns eine grandiose Aussicht über die gesamte Region Mývatn. Danach war bereits wieder Abendessen angesagt.

Nach einem gemütlichen und ausgezeichneten Dreigänger im nagelneu eröffneten Fosshotel Mývatn stürzten wir und nochmals in unsere Outdoorbekleidung. Angesteuert wurde der Hverfjall – ein riesiger Vulkankrater quasi direkt vor unserer Haustür. Wir wollten einige Fotos vom Krater mit einem wunderschönen Sonnenuntergang in den Kasten kriegen. Nach rund 30 Minuten Aufstieg und einer Stunde eiskalter Warterei bei 5 Grad auf dem Kraterrand war es dann endlich soweit! Ein langweiliger und unspektakulärer Sonnenuntergang, der sehr schnell vonstatten ging. Die tollen Fotos vom Krater mit stimmungsvoller roter Sonne blieben leider Teil unserer Fantasie. Bis auf das Titelbild in diesem Beitrag schaute nicht viel heraus bei der Aktion. Dafür machte die Region Mývatn (isländisch für Mückensee) ihrem Namen alle Ehre; die lästigen kleinen Biester waren nach Einbruch der Dämmerung kaum auszuhalten. So machten wir uns also durchgefroren wieder auf den Heimweg. Wie heisst es so schön: Wenigstens waren wir an der frischen Luft!

Tag 9, Sonntag, 13. August 2017 – «Call me Ishmael»

Naja Ishmael nicht ganz. Doch mit was liesse sich der heutige Tag besser einleiten als mit einem Zitat aus Herman Melville’s Moby Dick. Anders als der Romanheld betrachteten wir jedoch heute Morgen nicht das morgendliche Treiben in Nantucket, sondern wir befanden uns an der nördlichen Küste von Island – genauer gesagt in der Hafenstadt Húsavík. Heute sollte endlich ein lange gehegter Traum in Erfüllung gehen: Wale in freier Natur zu sehen!

Wiedermal durften wir in die knallfarbigen und wärmenden Overalls schlüpfen, welche wir ja bereits aus der Gletscherlagune Jökulsárlón kannten. Diesmal gab es zusätzlich noch Taucherbrille (gegen Wind und Spritzwasser), Gummistiefel und Handschuhe dazu. Im Nachhinein betrachten, waren diese gar nicht nötig. Wir hatten wieder einmal grosses Glück und wir durften die Walsafari bei schönstem Sonnenschein und ruhigem Wellengang geniessen.

Um 10.00 Uhr ging es endlich los. Wir stiegen in die Speedboats und bretterten in Höllentempo los in die Grönlandsee zur Flatey Island, der Puffin Insel. Jährlich kommen die Puffins zu ihrer Brutstelle zurück (übrigens immer zum gleichen Partner) und legen pro Brut ein Ei und ziehen dieses Puffling (so heissen die Küken, süss nicht 🙂 ) auf. Ende August ziehen die Puffins dann weiter richtig Norden. Die Papageitaucher fliegen wie wild um diese Insel und lassen sich dann bequem auf dem Wasser nieder um zu fischen.

Wir hielten uns nicht lange bei der Insel auf, schliesslich sind wir alle aus einem anderen Grund hier: Wale! Und zwar für die richtig Grossen. Wir düsten wieder los und diesmal Richtung offener Ozean. Es ging zu wie auf einer wilden Achterbahnfahrt. Das Speedboat hüpfte richtig durch die Wellen. Nach ca. 45 Minuten liess sich immer noch kein Wal blicken. Ein wenig enttäuscht, schauten wir einander durch unsere Taucherbrillen an – offenbar hätten wir heute wohl kein Glück. Das Boot wendete und fuhr wieder Richtung Küste.

Doch plötzlich drückte unser Captain aufs Gaspedal. Über die Lautsprecher hörten wir die ersehnten Worte von Gerda (unser Guide): «There’s a Humpback at one o’clock!».  Wir sollten also tatsächlich Buckelwale sehen. Wir konnten den Blas (die Fontäne beim Atmen der Wale) schon von Weitem sehen.

Als wir näher kamen, konnten wir unseren Augen nicht glauben. Wir sahen nicht nur einen Buckelwal sondern gleich fünf Stück. Genau, richtig gelesen: Es tummelten sich fünf Buckelwale um unser kleines Boot herum. Vier davon waren offenbar als Gruppe unterwegs. Einer war alleine etwas abseits.

Die Vierergruppe Buckelwale schien nicht nur uns Touristen zu überraschen – auch Captain und Guide (die täglich mehrere solcher Touren durchführen) sind fast ausgeflippt und schossen wie wild Fotos mit ihren Handys. Gerda unser Guide erinnerte uns immer welches Glück wir hätten so etwas Seltenes zu sehen. Gleich vier solcher Tiere in einer Gruppe sei nicht alltäglich. Die Wale halten sich in den Sommermonaten hier in den polaren Meeren auf, um ihre Fettreserven aufzufüllen. Im Winter wandern die Säugetiere in tropische Gewässer, wo auch ihr Nachwuchs zur Welt kommt. Wir waren sprachlos. Die Wale waren unbeschreiblich. Sie sind ruhig, anmutig und symbolisieren auf ihre Weise Freiheit. Wir waren glückselig. Wale, lebendige, freilebende Wale genau vor uns. Wir konnten sie beinahe anfassen (was man aber auf keinen Fall tun sollte!). Unser Traum ging in Erfüllung.

Überwältigt von den Eindrücken und etwas wacklig auf den Beinen von der wilden Fahrt, genossen wir auf der sonnigen Terrasse am Hafen ein ausgiebiges Mittagessen.

Danach fuhren wir auf der Strasse Nr. 862 zu den beiden bekannten Wasserfällen Dettifoss und Selfoss. Achtung: Die Strasse ist von Norden her ca. 30 km lang eine lose, einspurige Kiesstrasse mit unzähligen Schlaglöchern und nicht wie im Reiseführer angegeben neu ausgebaut 🙂

Der Dettifoss ist wirklich gigantisch und nicht umsonst trägt er den Titel als leistungsreichster Wasserfall in Europa. Übrigens knapp vor unserem Schweizer Rheinfall.

Voller Eindrücke und mit ein paar Gigabytes mehr auf der Speicherkarte fuhren wir zurück in die Region Mývatn. Quasi auf unserem Weg lag das Krafla-Kraftwerk – ein Geothermalkraftwerk am aktiven Vulkan Krafla. Von einem Aussichtspunkt hat man einen guten Überblick über die riesige Kraftwerksanlage. Unzählige Rohre schlängeln sich vom Vulkan durch das Gebiet Richtung Kraftwerk und überall dampft es.

An der selben Strasse liegt zudem der Vitikrater – ein strahlend blauer vulkanischer See. Auch diese Sehenswürdigkeit liessen wir uns natürlich nicht entgehen.

Nach dem Nachtessen (wieder im Fosshotel) verzichteten wir heute auf Fotosessions in der Kälte und gönnten uns stattdessen ein wärmendes Bad in den Mývatn Nature Baths. Einem natürlichen Thermalbad – selbstverständlich mit Erdwärme beheizt 🙂

Nun liegen wir müde im Hotel und können es immer noch nicht glauben: 5 Buckelwale! Wie toll ist denn das 🙂

Hier geht unsere Reise weiter!

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