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Hiroshima & Miyajima

von mrandmrssippy

Tag 9, Sonntag, 16. Juni 2019 – Ein Tag in der Friedensstadt

Als wir früh Morgens den Vorhang aufzogen, bestätigte sich den Eindruck von der stürmischen Nacht. Der Himmel war grau und es regnete. Nichtsdestotrotz schnappten wir gut gelaunt unsere Backpacks und spazierten zum Bahnhof Kanazawa.

Dort angekommen liessen wir uns am JR-Schalter die beste Verbindung nach Hiroshima suchen (welche sich sogar mit unseren eigenen Recherchen deckte 🙂 ) und schon 20min später sassen wir im Zug nach Shin-Osaka. Dort stiegen wir nach Hiroshima um. Die ganze Reise von Hotel zu Hotel dauerte zwar viereinhalb Stunden, doch wir haben auch 590 km zurück gelegt. Das ÖV-Netz in Japan ist wirklich wahnsinnig gut ausgebaut und auch wenn ein Zug ausgebucht sein sollte, fährt meist ein paar Minuten später bereits der Nächste. Es ist alles ziemlich unkompliziert und komfortabel. Die Züge sind meist ziemlich voll, dennoch herrscht eine angenehme Ruhe in den Wagons. Handys müssen auf lautlos geschaltet sein, Telefonate und sogar «übermässige Tastaturgeräusche von Laptops» sind zu unterlassen. Zugfahren kann doch so schön sein 🙂 .

Der Name Hiroshima dürfte jedem ein Begriff sein. Die Stadt erlangte traurige Bekanntheit durch den ersten Einsatz einer atomaren Bombe gegen die Menschheit. Am 06. August 1945 um 08:15 Ortszeit war der Bomber Enola Gay der US-Airforce die auf den Namen «Little Boy» getaufte Uranbombe über der Stadt ab. Diese detonierte in etwa 600 Metern Höhe und machte die gesamte Stadt der Erdboden gleich. Schätzungsweise 90’000 Personen wurden dabei sofort getötet und weitere rund 90’000 – 166’00 Menschen starben später an den Folgen ihrer Verletzungen oder der Verstrahlung. Als Zielpunkt für die Piloten der Enola Gay diente die markante T-förmige Brücke mitten im Stadtzentrum. Nur ein paar Meter entfernt befindet sich heute unser Hotel.

Am Bahnhof Hiroshima erwartete uns eine lebensfrohe pulsierende Grossstadt. Für uns hiess es als Erstes vollbeladen 20min durch die Stadt watscheln und unser Hotel suchen. Unterwegs hatten wir auf den zahlreichen Infotafeln immer mal wieder nachdem Weg geschaut und an einer Tafel stupste uns plötzlich eine Japanerin an und schenkte uns eine Stadtkarte von Hiroshima. Scheinbar sahen wir sehr verzweifelt aus 🙂 . Nicht das erste Mal, dass uns die reservierte aber herzliche Freundlichkeit und Hilfsbereitschaft der Japaner positiv auffiel.

Nach dem Check-In im noblen Rihga Royal Hotel schauten wir nicht schlecht als uns die Empfangsdame in den 28. Stock begleitete. Wir hatten (sehr früh im Voraus) das billigste Eco-Zimmer gebucht und nun ein riesiges Zimmer nahe am obersten Stock erhalten. Durch eine grosse Fensterfront konnten wir von oben über Hiroshima, seine Sehenswürdigkeiten und bis zu den vorgelagerten Inseln blicken. Wow, damit hätten wir nicht gerechnet.

Lang hatten wir aber nicht im Zimmer verbracht. Wir wollten unbedingt zur Atombombenkuppel. Diese ist das erste Friedensdenkmal im weiträumigen Friedenspark der Stadt. Die einstige Industriekammer der Stadt befand sich direkt unter der Stelle, an welcher die Atombombe in 600m detonierte. Es war fast das einzige Gebäude im Umkreis, welches stehen blieb. Seither werden die Überreste des heutigen UNESCO-Weltkulturerbes als Mahnmal konserviert.

Wir hatten uns auf dem Weg an einem Stand etwas Süsses geholt, was wir nun auf einer Parkbank vor der Kuppel schnabulierten. Irgendwie ein mulmiges Gefühl an einem Ort zu sein, der soviel grausames Leid erfahren musste und wir bisher nur vom Geschichtsunterricht her kannten. Doch heute wachsen im grünen Park wieder Bäume, es wir gelacht, junge Katzen tollen im Gebäude herum und Strassenmusiker spielen hawaiianische Musik (was wir im ersten Moment etwas gar makaber fanden). Das Leben wurde in Hiroshima wieder aufgebaut.

Nachdem wir die ersten Eindrücke verdaut hatten, schlenderten wir weiter zum Kinderdenkmal, welches vorallem der kleinen Sadako Sasaki gewidmet ist. Die zweijährige Sadako war beim Atombombenabwurf nur zwei Kilometer von vom Detonationszentrum entfernt und überlebte. Allerdings erkrankte sie aufgrund der radioaktiven Verstrahlung zehn Jahre später an Leukämie. Sie begann nach der Diagnose kleine Origami-Kraniche aus Papier zu basteln. In Japan stehen diese für Langlebigkeit und Glück. Die Legende besagt, wenn eine Person 1’000 dieser Kraniche (orizuru) faltet, werden alle ihre Wünsche wahr. Sadako faltete im Krankenhaus sogar mehr als 1’000 dieser orizuru, dennoch ging ihr grösster Wunsch, wieder gesund zu werden nicht in Erfüllung. Sadako starb schliesslich im Alter von 12 Jahren. Zum Andenken für alle Kinder, die Opfer dieser Tragödie wurden, wurde nach einer grossen Schulsammelaktion dieses Denkmal errichtet. Bis heute wurde dieses mit etwa 10 Millionen Papierkranichen von japanischen Kindern verziert. Ein eindrücklicher Moment die abermillionen filigranen und farbigen Kunstwerke zu sehen.

Nur einige Meter weiter befindet sich das eigentliche Zentrum des Peace Memorial Parks. Hier stehen das Friedensdenkmal, der Friedensteich, die Flamme des Friedens, das Kenotaph, das Friedensmuseum und verschiedene Gedenkstätten. Das Kenotaph bildet das Zentrum. Es handelt sich dabei um ein Steinmonument. Darin ist eine Liste mit den Namen aller Opfer eingraviert. Weiter vorne in einem grossen Teich steht einer grosser «Kelch», indem die Flamme des Friedens brennt. Sie wurde 1964 entzündet und soll erst gelöscht werden, wenn die letzte nukleare Waffe auf Erden vernichtet wurde. Das Feuer brennt nun seit 55 Jahren. Irgendwie fühlten wir uns hilflos. Wie kann es sein, dass diese Flamme heute noch immer brennt. Hat die Menschheit denn nichts gelernt? Warum streben wir immer nach mehr Macht, Ruhm und Geld? Wäre es nicht sinnvoller, das Beste aus der Situation zu machen mit den Mitteln die man hat, aufeinander Rücksicht zu nehmen, friedlich und glücklich zu sein? Vielleicht beginnt das bei jedem Einzelnen und irgendwann kommt eine Generation, die versteht. Uns hatte es sehr nachdenklich gemacht. Der eingravierte Spruch auf dem Kenotaph „Lasse alle Seelen hier in Frieden ruhen, denn wir werden das Böse nicht wiederholen“ machte uns Hoffnung.

Um die Hintergründe der Tragödie noch weiter zu verstehen, besuchten wir das Friedensmuseum. Darin wird genau erklärt, wie es zum Angriff kam, welche Auswirkungen die Bombe hatte und erzählt auch einzelne Geschichten von Betroffenen.

Voller Eindrücke und Emotionen waren wir nach den wenigen Stunden völlig geplättet ins Hotel zurückgekehrt. Wir hatten nun gesehen was in Pearl Harbor begonnen und wie es in Japan geendet hat. Es war ein sehr intensiver Tag und harte Kost, die es erst einmal zu verdauen galt.

Wir genossen den Sonnenuntergang von unserem Hotelzimmer aus und suchten uns ein nettes Restaurant fürs Abendessen aus. Gleich um die Ecke sollte es einen fantastischen Italiener haben. Mhh Pizza, das wäre jetzt genau die richtige Seelennahrung 🙂 . Und es war einfach obermegahammermässig! Wir teilten uns als Vorspeise einen Caprese Salat. Noch nie hatten wir solch feine Cherrytomaten und so einen tollen Mozzarella. Anschliessend mampften wir jeder eine richtige Holzofen-Pizza in bester italienischer Manier, die einfach göttlich war. Weil wir uns dann das Dessert nicht entgehen lassen wollten, genoss jeder noch ein Stück Kuchen und dazu eine Kugel Eis. Geführt wurde das Restaurant von einem sehr sympathischen japanischen Ehepaar. Wir schwärmten noch am Tisch vom Essen, als die Dame des Hauses mit einem Geschenkskorb kam, aus dem wir uns etwas aussuchen durften. Zum Abschluss sollten wir noch auf einem Atlas einzeichnen woher wir kamen. Es war ein toller Abend im Parco della Pace und eine willkommene Abwechslung zum japanischen Essen.

Tag 10, Montag, 17. Juni 2019 – Die heilige Insel Miyajima

Gestern hatten wir bereits die Bootsanlegestelle direkt bei der Atombombenkuppel für unsere heutige Weiterreise zur Insel Miyajima gefunden. Es gäbe zwar auch eine Fähre auf die Insel (die mit dem JR Pass abgedeckt wäre), da hätten wir allerdings alles zurück zum Bahnhof laufen und zwei Mal auf die Strassenbahn umsteigen müssen. Mit unserem Boot fuhren wir 20min durch den Hafen und die Kanäle von Hiroshima und anschliessend nochmals 25min übers offene Meer.

Auf der Insel angekommen, fühlten wir uns gleich pudelwohl. Eine lange Strandpromenade mit zahlreichen Shops und Restaurants, im Hintergrund die grünen Wälder und Berge. Es war charmant und das Wetter spielte super mit. Zum Empfangskomitee der Insel gehörten dutzende zahme Rehe.

Die Insel ist von Tages-Touristen aus Hiroshima gut besucht. Deshalb entschieden wir uns auch hier eine Nacht zu verbringen, damit wir die Insel auch abseits der Touristenmassen entdecken können. Unsere Unterkunft für die heutige Nacht war 5min vom Hafen entfernt und so konnten wir schnell unsere Rucksäcke abgeben. Check-In war erst um 15:00 Uhr und da sind die Japan streng – vorher eingecheckt wird nicht 🙂 .

Der „Floating-Shrine“ Itsukushima stellt für die Touristen wohl das grösste Highlight dar. Das rote Torii und der Hauptschrein stehen bei Flut im Wasser und bei Ebbe kann man direkt zum Torii laufen. Schon bei unserer Ankunft war der Schrein und das Torrii wahnsinnig überlaufen. Da es auch immer wärmer wurde, entschlossen wir uns, zuerst einmal die Insel von oben zu betrachten.

Eine Seilbahn führt auf den Mount Misen, den höchsten Berg der Insel. Aber wer Mr. Sippy kennt, weiss das Seilbahnen meist gemieden werden. Weshalb bei dieser Hitze mit unzähligen Touristen in eine enge Seilbahn quetschen und dafür auch noch bezahlen, wenn man zwei gesunde Füsse hat. Deshalb hiess es für uns, rund 2km und 530 Höhenmeter zu Fuss den Berg (für uns Schweizer doch sowieso eher ein Hügel… 🙂 ) hinauf. Zum Leidwesen von Mrs. Sippy handelte es sich dabei praktisch ausschliesslich um Treppen (die läuft sie ja so gern…). Nun gut, der Weg begann dafür umso schöner entlang eines Bachlaufes und mit der Aussenansicht auf einen wunderschönen Tempel. Die Mönche führten soeben ein Trommelspiel aus, welches uns den Weg einige Zeit lang begleitete. Der Weg führte durch dichte, grüne Wälder wie aus einem Jurassic Park-Film. Wir fühlte uns sofort an Kaua’i erinnert. Am Wegesrand raschelten alle paar Meter Eidechsen und einmal sogar ein Fasan. Von den tödlichen japanischen Mamushi Vipern, von welchen uns zahlreiche Schilder warnten, kreuzte zum Glück keine unseren Weg.

Nach rund eineinhalb Stunden waren wir bei brütender Hitze auf dem Gipfel angekommen. Diese Aussicht war atemberaubend und man konnte sich nicht satt sehen. Rundherum konnten kleine Inseln entdeckt werden und das Meer hatte sein ganz eigenes Blau. Länger als nur zur Verschnaufpause sassen wir am Aussichtspunkt. Obwohl die Seilbahn auch hinunter fährt, wanderten wir den Berg auf einem anderen Pfad wieder hinab.

Der Weg führte uns vorbei am Tempel Gumonji-do. Dieser wurde von Kobo-daishi, welcher als Begründer des japanischen Shingon-Buddhismus galt, erbaut. Der Mönch hatte hier vor 1’200 Jahren ein heiliges Feuer entfacht, welches bis heute am Brennen gehalten wird. Mit dieser ewigen Flamme (eternal flame) wurde auch 1964 die Flamme des Friedens in Hiroshima entfacht.

Der Abstieg konnte schneller bewältigt werden und so waren wir bald wieder unten im Dorf. Nun war es auch an der Zeit einzuchecken. Im Hotel Sakuraya gibt es westliche und japanische Zimmer. Wir hatten ein japanisches Zimmer erhalten und durften so nochmals eine Nacht „auf dem Boden“ schlafen. Um die Zeit vor dem Sonnenuntergang und dem Abendessen sinnvoll zu nutzen, wuschen wir unsere Kleidung im hoteleigenen Waschraum. Das funktionierte trotz japanischen Knöpfen erstaunlich gut. Kurze Zeit später hatten wir wieder saubere und trockene Kleider! Auf Reisen ist dies manchmal schon ein kleines Erfolgserlebnis wenn man Herr über fremde Waschmaschinen wird 🙂 .

Insgesamt hatten auf der Insel nur vier Restaurants bis um spätestens 20:00 Uhr geöffnet. Da fiel die Auswahl auch nicht so schwer – zumal auf Tripadvisor das Sushi und die vegetarischen! Alternativen speziell gerühmt wurden. Für einmal hatte uns Tripadvisor aber im Stich gelassen. Das angeblich tolle Restaurant war ziemlich schmuddelig und das von Mr. Sippy bestellte Sushi nicht sonderlich gut. Er möchte auch nicht näher darauf eingehen, geschweige sich darüber Gedanken machen, was da alles an Tentakeln und Ungetümen der Tiefsee darauf war. Die Vegi-Alternative bestehend aus Reis und Tofu war zwar essbar, aber keine Delikatesse und so ganz Vegi auch nicht: Es fand sich eine tote Mücke als Eiweissquelle darin. Schnell verliessen wir das Restaurant um im örtlichen Supermarkt eventuell noch etwas zu erhaschen. Das Lustige: es gibt gar keinen Supermarkt 🙂 . Das Thema Essen war damit trotz knurrendem Magen für heute abgehakt. Den wunderschönen Sonnenuntergang beim roten Torii wollten wir uns aber dennoch nicht entgehen lassen. Und es war toll. Es waren nur noch wenige Besucher über Nacht da und wir konnten in Ruhe den Sonnenuntergang geniessen.

Morgen sollte nochmals die Insel erkundet werden, bevor die Tagestouristen mit der Fähre kommen. Deshalb machten wir uns nachdem Sonnenuntergang zügig ins Bett 🙂 .

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